Mit ironischer Delikatesse belegt Robert Voit in New Trees, dass das Grundrauschen der verbalen Kommunikation längst das Visuelle erreicht hat.
Seine seit 2003 andauernde Bilddokumentation über Mobilfunkmasten in den USA Großbritannien, Südafrika, Korea, Italien und Portugal die als Baumattrappen in den Realraum positioniert worden sind, zollen vordergründig einem diffusen Gestaltungswillen Tribut, bei dem das Verlangen nach Befriedung im Mittelpunkt steht. Um die Gefahren von Elektrosmog über den Sehsinn zu kompensieren, werden Mobilfunkmasten natursimulierende Tarnkappen aus Plastik übergestülpt. Als idealtypische Vegetationsformen finden sie sich dann in Landschaftsräumen wieder. Das reichhaltige Angebot der Camouflagen umfasst Laub- und Nadelbäume, Pinien, Palmen und Riesenkakteen. Aus dem künstlichen Baumreservoir hat sich ein lukrativer Industriezweig entwickelt, der erhebliches Zukunftspotential aufweist und derzeit auch auf den europäischen Kontinent expandiert.
Mit Kalkül persifliert Robert Voit, der an den Kunstakademien in München und Düsseldorf studiert hat, jenes streng bildtypologische Korsett, das zum Signum der so genannten Becherschule geworden ist. Dermaßen klassifiziert, gewinnen die Baumattrappen als singuläre Objekte auch formal eine absurde Fallhöhe, die das Bedürfnis nach natürlicher Künstlichkeit erzeugt. Seit jeher Bedeutungsträger, mutiert der Baum in New Trees zur Groteske und Sehnsuchtsfolie.
Christoph Schaden